Bildungszeit

Erstellt am: 11.05.2022

Bildungszeit bei reiner Online-Veranstaltung?

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Bildungszeit nach dem Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg (BzG BW) setzt unter anderem auch eine zulässige Bildungsmaßnahme im Sinne dieses Gesetzes voraus. Eine reine Online-Veranstaltung stellt keine solche zulässige Bildungsmaßnahme dar.

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer hatte bei der Arbeitgeberin beantragt, im Wege der Bildungszeit an einem zweitägigen Präsenz-Seminar im Juli 2020 teilzunehmen, was ihm von der Arbeitgeberin auch genehmigt worden war. Der Veranstalter des Seminars setzte in der Folgezeit den Arbeitnehmer jedoch darüber in Kenntnis, dass das geplante Seminar coronabedingt entweder abgesagt oder online durchgeführt werden müsse. Der Arbeitnehmer sagte hierauf hin dem Veranstalter seine Teilnahme nochmals zu, ohne dies zuvor mit der Arbeitgeberin abgestimmt oder einen weiteren Antrag auf Bildungszeit insoweit gestellt zu haben und behauptete, an dem Seminar online teilgenommen zu haben. Mit Kenntniserlangung hiervon belastete die Arbeitgeberin die dem Arbeitnehmer auf dessen Arbeitszeitkonto für die Seminarteilnahme gutgeschriebenen Stunden. Der Arbeitnehmer verlangte von der Arbeitgeberin eine Gutschrift der abgezogenen Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto.

Entscheidung

Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Zeitgutschrift. Bei dem ausschließlich online durchgeführten zweitägigen Seminar handelte sich nicht um eine zulässige Bildungsmaßnahme des BzG BW. Dies ergibt sich aus § 6 Absatz 1 Ziffer 4. Satz 2 BzG BW, der besagt, dass bei mehrtägigen Bildungsmaßnahmen auch Lernformen zulässig sind, die keine reinen Präsenzveranstaltungen sind, sofern bei diesen die Präsenzzeit überwiegt. Unter Präsenz im Sinne dieser Regelung ist die gleichzeitige körperliche Anwesenheit vor Ort desjenigen, der an der Bildungsmaßnahme teilnimmt und desjenigen, der das Wissen der Bildungsmaßnahme vermittelt, zu verstehen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes. Dafür, dass eine reine Online-Veranstaltung dem nicht genügt, spricht auch die Gesetzesbegründung. Diese stellt darauf, dass bei mehrtägigen Veranstaltungen neben Präsenzveranstaltungen auch andere Lernformen wie etwa E-Learning oder Blended-Learning-Maßnahmen eine Bildungszeitmaßnahme darstellen, wenn die Präsenzzeit der gesamten Veranstaltung überwiegt (Landtagsdrucksache 15/6403 vom 27.01.2015). An dieser Gesetzeslage hat sich auch aufgrund von Corona nichts geändert.

Bei dem Online-Seminar handelte es sich im entschiedenen Fall überdies auch um eine andere als von der Arbeitgeberin genehmigte Bildungsmaßnahme. Denn Bildungszeit hatte der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin gegenüber für ein Präsenz-Seminar geltend gemacht.

Der Arbeitnehmer unterlag daher mit seiner Klage gegen die Arbeitgeberin.

ArbG Stuttgart, Urteil vom 11.05.2022 - 14 Ca 2466/21 - rechtskräftig

VOILA_REP_ID=C1257761:004A5185