Erstellt am: 07.04.2022
Ein Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus einer Personalakte ergibt sich für den Arbeitnehmer nicht aus Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO, wenn der Arbeitgeber noch ein berechtigtes Interesse an deren Beibehaltung in der Personalakte darlegen kann. Ein solches berechtigtes Interesse ist zu bejahen, wenn der Erhalt der Abmahnung zur Abwehr von etwaigen Ansprüchen des Arbeitnehmers oder zur Begründung eigener Ansprüche gegen den Arbeitnehmer erforderlich scheint oder wenn der Inhalt eines qualifizierten Zeugnisses zwischen den Parteien streitig werden könnte.
Sachverhalt
Die Arbeitgeberin hatte mehrere Abmahnungen gegen den Arbeitnehmer ausgesprochen und letztlich das Arbeitsverhältnis verhaltensbedingt ordentlich gekündigt, nachdem der Arbeitnehmer erneut falsche Anschuldigungen gegen andere Arbeitnehmer erhoben und gegen diese auch Strafanzeige erstattet hatte. Der Arbeitnehmer klagte auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte und erhob Kündigungsschutzklage gegen die Arbeitgeberin. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis war dem Arbeitnehmer noch nicht erteilt worden.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht Stuttgart verurteilte die Beklagte zur Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte und wies die Kündigungsschutzklage ab. Den Anspruch auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte bejahte es als einen Fall der mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses nach Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO vorzunehmenden Löschung. Die Berufung des Arbeitnehmers beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg und seine anschließende Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht hatten keinen Erfolg. Die Anschlussberufung der Arbeitgeberin betreffend die Abmahnungen hingegen war erfolgreich und führte dazu, dass die Klage insgesamt abgewiesen wurde. Auch in der letzten mündlichen Verhandlung hatte der Arbeitnehmer angekündigt, beachtliche Gehaltsforderungen für die Vergangenheit gegen die Arbeitgeberin mittels Klage geltend zu machen und sich mit Blick auf seine Anschuldigungen gegen die anderen Arbeitnehmer erneut an die Ermittlungsbehörden zu wenden. Im Gegensatz zum Arbeitsgericht Stuttgart nahm das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg daher trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein berechtigtes Interesse der Arbeitgeberin an der Beibehaltung der Abmahnungen in der Personalakte an. Es berücksichtigte hierbei auch den unstreitigen Vortrag der Arbeitgeberin, wonach die mit den angegriffenen Abmahnungen dokumentierten Arbeitsvertragsverstöße im Rahmen eines noch zu erteilenden qualifizierten Arbeitszeugnisses von Bedeutung sein könnten. Einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte - insbesondere einen solchen aus Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO - verneinte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg daher.
Hinweis
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur in dem Fall nach §§ 242, 1004 BGB analog die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte vom Arbeitgeber verlangen, in welchem er darlegen kann, dass ihm die Abmahnung auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann. Dies wird ihm regelmäßig nicht gelingen. Da als Anspruchsgrundlage für die begehrte Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte inzwischen aber auch Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO in Betracht kommt, ist es dennoch der Arbeitgeber, der unter diesem Aspekt ein berechtigtes Interesse an der Beibehaltung der Abmahnungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses konkret darzulegen hat. Denn der Zweck der insoweit erhobenen personenbezogenen Daten wird mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich als weggefallen angesehen.
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.04.2022 - 3 Sa 48/21 - rechtskräftig